Thank you for everything…

oder: Abschied von meiner Lieblingsband Sunrise Avenue (Teil 2)

Eine seltsam normale Woche nach Hamburg sitze ich wieder im Zug. Dieses Mal geht es nach Köln, die Stadt, bei der sich die Einfahrt in den Bahnhof immer ein bisschen wie nach Hause kommen anfühlt. Es ist wieder ätzend heiß, aber meine Vorfreude ist riesig. Ich habe ein günstiges Zimmer mit Hinterhofcharme in Köln-Kalk gebucht, 20 Minuten zu Fuß zur Lanxess Arena. Die Halle ist ausverkauft und obwohl mein Platz beinahe gegenüber der Bühne liegt, bin ich nicht so weit weg wie befürchtet, denn die Arena ist hoch. Schon während wir auf die Vorgruppe Cyan Kicks warten, spüre ich die besondere Atmosphäre. Es ist nicht das Kribbeln des ersten Mals wie in Hannover, es ist auch nicht die Partystimmung wie in Hamburg. Es ist anders.
Köln ist die Stadt, in der die Band ihren allerersten Auftritt in Deutschland hatten. Im Club Underground. Köln ist auch die Stadt, in der ich die meisten meiner Sunrise Avenue Konzerte besucht habe. Vier werden es mit diesem sein.

Als der Countdown beendet ist und der Vorspann auf der Leinwand läuft, erheben sich die ersten von ihren Sitzen und spätestens, als Samu Haber die Bühne entert, sitzt hier niemand mehr. Sunrise Avenue lieben Köln und das Kölner Publikum liebt zurück. Es ist das bislang emotionalste Konzert der Tour, zumindest von denen, die ich besucht habe. Samu bat für den verstorbenen Booker der Band statt um eine Schweigeminute darum, einmal so laut wie möglich zu sein und bei „Fairytale gone bad“ durften wir die Reunion mit dem ehemaligen Gitarristen Janne Kärkkäinen miterleben, der sich Köln für seinen Auftritt in Deutschland ausgesucht hatte.

Das Gründungsmitglied hatte Sunrise Avenue 2007 im Streit verlassen. „Es war die schwerste Zeit in unserer Geschichte. Wir haben uns vor Gericht gesehen, haben uns bekämpft. Wir haben uns gehasst und gestritten. Aber wir haben gesehen, dass aus Feinden auch wieder Freunde werden können“, erzählt Haber von der Aussprache. „Einen besseren Ort als Köln, um mit uns noch einmal zu spielen, gibt es nicht.“

report-K.de, 24. August 2022

Schon drei Tage später stand das kurzfristig gebuchte Konzert in Leipzig an. Im Golden Circle – näher dran geht nicht. Bei „Home“ gingen, wie jedes Mal, überall die Handy-Taschenlampen an und wenn man vom Golden Circle aus einmal die Ränge entlangschaut bekommt man ein ungefähres Gefühl davon, wie viel beeindruckender das von der Bühne aus wirken muss. Wenn man da steht und weiß „die tun das für uns“. Natürlich habe ich mir meinen Platz auf der Bühnenseite gesucht, auf der die Keyboards stehen. Ja, Samu Haber ist ein toller Typ, aber Osmo Ikonen… hach ja, den mag ich eventuell ein winziges bisschen lieber.

Nach fünf Konzerten in gut zwei Wochen hatte ich einen massiven Konzert-Hangover. Wenn man abends zu Hause auf dem Sofa hockt statt in einem minimalistischen Hotelzimmer oder in einer riesigen Arena. Und dann habe ich noch ein Ticket gekauft. Ich wollte später nicht „hätte ich mal“ sagen müssen.
Nach zwei „normalen“ Wochen ging es nach Frankfurt/Main. Ein Konzert zum Genießen. Wieder mittendrin im Publikum. Und von dort aus mit einer Mischung aus Vorfreude und „ich will nicht, dass es vorbei ist“ weiter nach Düsseldorf.