Fernuni update 1 – Fachwechsel

Mein Start ins neue Semester, zwar noch im PVS Studiengang eingeschrieben aber mit zwei Modulen aus dem Fachbereich WiWi, lief gut. Wobei „gut“ es eigentlich nicht so richtig trifft. Ein Blick auf den riesigen Stapel an Skripten und in meinen bunten Lernplan sorgte etwa 4 Wochen lang für aufkeimende Zweifel.
Das ist schon echt ein riesiger Haufen. Habe ich genug Selbstdisziplin um meinen selbst erarbeiteten Lernplan durchzuziehen? Bin ich schlau genug um die Inhalte zu kapieren? Wird es am Ende an Mathe scheitern?
Die Frage nach der Selbstdisziplin würde ich immer und überall mit einem überzeugten JEIN beantworten. Ich weiß, dass ich kann wenn ich muss – aber wie sorge ich dafür, dass es tatsächlich ein MUSS gibt?

Konsequent habe ich jeden aufkommenden Zweifel beiseite geschoben und mich erstmal darauf konzentriert, dass es ja wohl mehr als bescheuert wäre, schon übers Aufgeben nachzudenken, wenn das Semester noch nichtmal angefangen hat (da die meisten Unterlagen schon knapp 3 Wochen vor dem offiziellen Semesterbeginn auf meinem Tisch lagen). Mal abgesehen hat „Wirtschaft“ für mich einfach so verdammt viel mit logischem Denken zu tun, dass sich da schon ein Teil der Schwierigkeiten, die ich mit Politik habe/hatte, gar nicht erst ergeben. Außerdem habe ich mir dieses Fach ausgesucht, weil ich richtig Lust drauf habe und das ist schließlich die beste Motivation überhaupt.

Jeden Tag werden nun zuerst die alltäglichen To dos abgearbeitet (Hund, Frühstück, Haushalt) bevor es an den Schreibtisch geht. Manchmal liest es sich locker weg, manchmal verzweifle ich an merkwürdigen Grafiken weil sich mir die Logik nicht erschließt. Zumindest nicht sofort. Und manchmal ist es auch einfach blöd formuliert. Aber auch wenn es anstrengend ist, es macht mir Spaß. Es erinnert mich ein bisschen an meine Schulzeit. Ich bin immer gerne zur Schule gegangen, ich mag es Neues zu lernen und vermutlich würde ich heute noch zur Schule gehen wenn das möglich wäre. Wahrscheinlich studiere ich auch deshalb, weil es eine Möglichkeit ist weiterzulernen und sich dabei an einem Rahmen zu orientieren um nicht wahllos Wissen in sich hineinzustopfen bzw. nicht zu wissen wo man anfangen und wo man aufhören soll.


Um mit dieser geballten Ladung Lernstoff nicht ganz alleine dazustehen, werden diverse Mentoriate angeboten. Momentan noch alle online und in der Regel abends und am Wochenende. Ich finde ab 17/18 Uhr eher suboptimal und will eigentlich auch nicht jedes Wochenende vor dem Bildschirm hängen, aber im Moment nehme ich alles mit was geht. Denn selbst wenn ich mir sicher bin, es verstanden zu haben, so schadet es ja nicht, es zu wiederholen oder es genauer oder von einer anderen Seite zu betrachten.
Was dabei auch nicht zu unterschätzen ist, ist das Gefühl, dass man unter „Leidensgenossen“ ist. Dass es reale Menschen gibt, die sich durch dieselben Texte kämpfen. Klar, im Grunde weiß man das, man kann sich schließlich ansehen, wie viele sich für das Modul eingeschrieben haben. Aber wie viele davon beschäftigen sich gerade wirklich damit? Wie viele lassen es doch noch liegen, weil die Zeit und die Lebensumstände es gerade nicht zulassen, sich damit zu beschäftigen? Eben. Die, die in den Mentoriaten sitzen, die wollen – zumindest jetzt – genauso wie ich.

Ein paar Mentoriate habe ich schon besucht.
Mathe-Brückenkurs: Hier habe ich bislang zwei Mentorinnen getestet, allerdings war die erste Kurseinheit auch nicht sonderlich kompliziert, so dass es mir schwer fällt, eine von beiden als besser/schlechter zu bewerten.
Mathe: Auch hier habe ich zwei Mentoriate besucht, die allerdings auf total unterschiedliche Art und Weise gestaltet wurden. Während der eine Tutor seinen Fokus darauf legt, dass wir grundlegend verstehen, was wir da tun, arbeitete die andere Mentorin eher Freestyle mit vielen Beispielen. Welches mir lieber ist? Ich mag beide Herangehensweisen und beide bringen mich weiter. Ich werde also vermutlich auch die restlichen Mentoriate beider Tutoren besuchen wenn es zeitlich machbar ist.
VWL/BWL: In diesen Fächern habe ich zwei Vormittage beim selben Tutor durchgepowert. 6 Stunden Mentoriat ist schon eine echte Hausnummer, bringt aber insofern was, als das man sich da länger mit der Materie beschäftigt. Ich bin noch auf der Suche nach einem Vergleich.

Das waren meine ersten Wochen als WiWi-Fernstudentin. Vollgestopft mit Lernstunden am Schreibtisch, online-Mentoriaten und Mathe-Träumen, aber immer mit dem guten Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein.

Afterglow…

… oder Abschied von meiner Lieblingsband Sunrise Avenue (Teil 3)

Düsseldorf, PSD Bank Dome, 18. September 2022

This is the end, denke ich als ich von meinem Platz im Oberrang auf die Bühne schaue und horche in mich hinein. Ich weiß nicht so recht, wie ich mich fühlen soll und in mir ist es seltsam leer. Ich freue mich auf dieses Konzert, genauso wie ich mich auf jedes einzelne vorher gefreut habe, und gleichzeitig ist da die Frage nach dem „danach“. Es ist immer noch nicht ganz bei mir angekommen, dass es Sunrise Avenue morgen nicht mehr geben wird und ich nach 16 Jahren Abschied nehmen muss. Wo ist die Zeit hin?

Die Vorgruppe Cyan Kicks liefern ihre gewohnt gute Show, aber ich bin im Kopf schon einen Schritt weiter. Das Licht geht wieder an, die letzte halbe Stunde vor dem Konzert. Dann geht es los. Ich würde gerne aufstehen, aber… Das Publikum ist etwas etepetete. Alle sitzen brav auf ihren Plätzen und wer aus der Reihe tanzt wird blöd angemacht. Finde ich total unverständlich. Ich meine, Leute, das hier ist das ALLERLETZTE KONZERT dieser tollen Band und das sollten wir genießen.
Zum Glück sitze ich in der ersten Reihe im Oberrang und vor mir befindet sich eine äußert gut geputzte Glasscheibe – da ist die Sicht wenigstens gut.

Es beginnt mit „Thank you for everything“. Ich denke, es ist das letzte Mal und ich genieße es so gut ich kann.
„Choose to be me“ folgt. Jeder muss seinen Weg machen und tun, was für einen selbst richtig ist, auch wenn es nicht immer leicht ist.
„Unholy Ground“ – keine Ahnung wann zwischen Leipzig und Frankfurt das Lied auf die Setlist gehüpft ist, aber ja.
„Funkytown“ gehörte irgendwie nie zu meinen Lieblingsliedern, aber live ist es schon irgendwie geil. Vor allem heute, weil Tommy Lindgren den Rappart heute live on stage macht.
„Heartbreak Century“
„Beautiful“
„Afterglow“, ich kann nichts dagegen tun, die Tränen fangen bei diesem Lied an zu laufen. Jedes Mal wieder. Kein Wunder, das Lied handelt vom Verlassenwerden und von der Hoffnung, dass es nicht endgültig sein wird. Ich fühle das total. Besonders jetzt.
„Forever Yours“, mein all time favorite. Das Lied, mit dem Sunrise Avenue mein Herz endgültig erobert haben. Für die Tour in einer rockigen Version und einem ruhigen Abschluss, bei dem ein Publikumschor aus vielen tausend Stimmen die letzten Worte „Forever Yours“ singt und es zumindest in diesem Moment genauso meint.

„You have no idea, what you have done for us. And I am nobody to give any advice to anybody but I will say this: If you have a dream, no matter how big or small, no matter what it is, nobody… nobody has the right to come and tell you it’s not good. Because it’s your dream, it’s your call and it’s your life. Thank you so much“

Samu Haber, PSD Bank Dome, Düsseldorf,

„I can break your heart“
„Lifesaver“

Bei „Home“ wird es ruhig in der Arena und tausende Lichter gehen an. Dank einer Fanaktion gibt es für jeden Block Transparentpapierschnipsel um aus dem Lichtermeer einen großen Regenbogen zu machen. Nicht erst bei diesem Song stehen Samu seine Gefühle deutlich ins Gesicht geschrieben. Er ist zweifelsfrei da, wo er in diesem Moment sein möchte und auch für ihn wird das ein schwerer Abschied.
„Hurtsville“ der Ort, an den ich mich verkriechen werde, wenn die Tour vorbei ist. There’s only room for me in Hurtsville
„I help you hate me“ – schön wär’s. Das Lied handelt von einer Trennung und davon, dass derjenige, der geht alles daran setzt dafür zu sorgen, dass dem anderen die Trennung erträglicher gemacht wird. To help you let go, I wear the t-shirt you hate, let my hair grow, not in a good kind of way. I stay at home make sure you never see me smile again. Well, mir ist Samu mit kurzen Haaren zwar lieber, aber es kommt auf den Inhalt an und nicht auf die Verpackung…
„A little bit love“
„Never let go“

„Welcome to my life“... you see it is not easy, but I’m doing allright… hey little fighter, soon it will be brighter, we’re over the „Stormy End“ Verdammt, ich brauch ein Taschentuch
„Question Marks“
„Point of no return“ We can’t look behind now, please don’t cry now, let’s creat a thunder… Hier hüpft das ganze Publikum – zumindest der Golden Circle und ein paar andere im Innenraum. Der Rest, well, Düsseldorf halt. Da hüpft der Oberrang nicht. (In Köln schon) Aber immerhin stehen wir jetzt auch endlich mal.
„Nothing is over“ Neben mir werden Taschentücher gezückt, ich nehme den Ärmel des Pullis. Mal wieder. That’s it. Natürlich weiß ich, dass gleich noch ne Zugabe kommt, aber das Ende rückt unaufhaltsam näher und die Taschenlampen gehen nochmal an.

Mit Osmos Keyboard Solo wird die Zugabe eingeläutet. Er rennt nicht so vorfreudig den Bühnenausläufer rauf und runter wie die letzten Male bevor er sich hinter seine Keyboards stellt. Nach den ersten Tönen wischt er sich über die Augen. Heult er? Noch ein paar Töne bevor er sich beide Hände vors Gesicht hält und aussieht als würde er in die Knie gehen wollen. Er heult. Definitiv. Und vom Publikum kommt ein mitfühlendes „oooohh“ – als würden ihn alle in diesem Moment in den Arm nehmen und trösten wollen. Ich will es auf jeden Fall. Einen kurzen Moment, dann fängt er sich und zieht sein Solo durch.
„Fairytale gone bad“, der erste Hit und jetzt zappelt sogar der Oberrang.
„Wonderland“ und „Hollywood Hills“ singen wir lauthals mit, so können wir zumindest die nächsten Minuten verhindern, dass wir wieder heulen, aber als die letzten Töne verklungen sind, geht es los. Ich heule. Links neben mir wird geheult, hinter mir wird geheult. Auf der Bühne wird geheult. Samu, Osmo und auch die anderen haben zumindest Tränen in den Augen. Gruppenumarmung. Verbeugung. Die Jungs schlendern am Publikum entlang, schleudern Pleks und ihre Handtücher in die Menge. Samu winkt sich einen Sicherheitsmenschen heran und deutet ins Publikum. Schon wird ein Mädel über die Absperrung und auf die Bühne gehoben – im nächsten Moment schenkt Samu ihr seine Gitarre. Auch diese Geste entlockt dem Publikum ein kollektives „ooohhh“. Es gibt einfach zu viele Gründe, diese Band zu lieben. Ich bin immer noch nicht bereit zum Abschied nehmen, aber als alle die Bühne verlassen haben, verlasse ich die Halle…

„Partir, c’este mourir un peu“ – Abschied nehmen bedeutet immer ein wenig sterben.

Jetzt sitze ich hier, an meinem Schreibtisch und bei der Erinnerung an all die schönen Momente mit der Band, fließen schon wieder die Tränen.

I’m living on the afterglow...

Alles auf Anfang…

Als ich zum Wintersemester 2021/22 mein Studium an der Fernuni wieder aufnahm weil ich, wie ich feststellte, ja doch recht viel Freizeit habe und diese mit etwas Sinnhaftem füllen wollte, fühlte sich das anders an. Ich schob das auf die lange Pause, denn für Politik interessiere ich mich ja nach wie vor, und darauf, dass ich mich da auch erst wieder reinfinden müsste. Doch als ich durch diverse Umstände mal wieder mein Leben neu sortieren musste und mir somit auch Gedanken über die Zukunft machte, setzte sich der Satz „alles hat seine Zeit“ in meinem Kopf fest. Und ich wurde das Gefühl nicht los, dass es Zeit für etwas Neues ist. Dass ein Hobbystudium vielleicht gerade nicht das ist, was ich brauche. Sondern etwas mit einer reellen Perspektive.
So weit, so gut, aber welche Perspektive? Es hat mich ein paar Stunden Recherche auf der Homepage der Fernuniversität und noch mehr Stunden nachdenken gekostet bevor ein „mach das doch“ von Big mir den Schubser gab, den ich noch brauchte. Ich belegte für das Wintersemester 2022/23 zwei Module des Faches Wirtschaftswissenschaften, plus einen Brückenkurs zur Auffrischung meiner nicht vorhandenen Mathefähigkeiten. Schon als ich letzteren wenig später (weil semesterübergreifend) in den Händen hielt und durchblätterte, streifte mich der Hauch eines Zweifels. Schaffe ich das? Beinahe im selben Moment lehnte ich mich entspannt zurück und dachte „erstmal cool bleiben und machen“. Fünf Kurseinheiten und fünf zugehörige Einsendearbeiten die mir zeigen würden, wo meine Stärken und Schwächen liegen.

Nach dem Entschluss hatte ich das Sommersemester in Gedanken schon abgehakt. Hoch motiviert stürzte ich mich auf Mathe. Verstand erstmal nur die Hälfte, fand Aussagenlogik nicht immer logisch und konsultierte meinen Lieblingsmatheprof auf Youtube.
53/100 Punkten bekam ich für die Einsendeaufgaben der ersten Kurseinheit. Naja, noch gewaltig Luft nach oben, aber hey, alles was über 50 Punkte ist, ist bestanden. Der erste Schritt war erfolgreich getan.
Die zweite Kurseinheit wirkte auf den ersten Blick simpel, doch dann kamen die Umformungen, Logarithmen (und ich könnte schwören, damit noch nie in meinem Leben gerechnet zu haben) und ich träumte nachts von Matheformeln. Die Einsendearbeit brachte 87/100 Punkten – BÄMM – offenbar bin ich doch nicht so ganz unbegabt, was Mathe angeht.
Kurseinheit drei hatte es dann mal so richtig in sich – anderthalb Stunden vor Abgabeschluss eingereicht und noch im Korrekturprozess…

Vor einer Woche startete die offizielle Bearbeitungszeit für das Wintersemester. Ich habe einen 6wöchigen Lernplan aufgestellt (dem ich schon hinterherhänge) und sitze täglich am Schreibtisch. Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre, Mathe und bald kommt Statistik hinzu. In meinem Kalender stehen diverse Mentoriate, die mir als Ziel für die zu bearbeitetenden Abschnitte dienen und mir dann hoffentlich dabei helfen, Unklarheiten zu beseitigen und klausurrelevantes von weniger klausurrelevantem zu unterscheiden. Denn noch habe ich das Gefühl, ich müsste jede einzelne Seite verstehen und auswendig lernen und frage mich bei diesem Gedanken jedes Mal, wie zum Teufel ich das alles in meinen Kopf kriegen soll.
Mein Motivationslevel ist hoch. So hoch, dass es mir schwer fällt, Pausen zu machen. Das führt jedoch dazu, dass ich mein Hirn vollstopfe bis ich nicht mehr aufnahmefähig bin und trotzdem versuche, noch mehr da reinzubekommen. Suboptimal, aber ich arbeite dran.

Ich bin 44 Jahre alt. Warum tue ich mir das an?
Weil ich Träume habe. Weil ich noch nicht angekommen bin. Weil ich gerne dazulerne. Weil ich Zusammenhänge verstehen möchte.

Ich stelle mich nicht hier hin und behaupte, dass ich hier mit Vollgas durchrenne, Bestnoten nach Hause bringe und nach dem Studium eine rasante Karriere als wasweißichwas machen und einen Haufen Kohle verdienen werde. Ich teste meine Grenzen.
Natürlich habe ich Zweifel und das nicht gerade wenig, auch wenn ich die immer wieder so weit wie möglich wegschiebe. Und es ist auch nicht hilfreich, dass als Reaktion eher Unverständnis als Rückenwind kommt. Es ist einfach so scheiße anstrengend ein Einzelkämpfer zu sein. Aber es gibt auch diese kleinen Momente die mir das Gefühl geben, auf dem richtigen Weg zu sein. Hilfsangebote die ich nicht erwartet habe, Motivationsschübe durch den Austausch mit anderen ü30/ü40 Studenten oder auch die imaginäre Glühbirne, die plötzlich über meinem Kopf leuchtet wenn ich vermeintlich komplizierte Dinge verstanden habe. Matheaufgaben, die einen Sinn machen, weil sie etwas aus dem „realen Leben“ erklären…

Ich bin gespannt, wohin dieser Weg mich führt…