Afterglow…

… oder Abschied von meiner Lieblingsband Sunrise Avenue (Teil 3)

Düsseldorf, PSD Bank Dome, 18. September 2022

This is the end, denke ich als ich von meinem Platz im Oberrang auf die Bühne schaue und horche in mich hinein. Ich weiß nicht so recht, wie ich mich fühlen soll und in mir ist es seltsam leer. Ich freue mich auf dieses Konzert, genauso wie ich mich auf jedes einzelne vorher gefreut habe, und gleichzeitig ist da die Frage nach dem „danach“. Es ist immer noch nicht ganz bei mir angekommen, dass es Sunrise Avenue morgen nicht mehr geben wird und ich nach 16 Jahren Abschied nehmen muss. Wo ist die Zeit hin?

Die Vorgruppe Cyan Kicks liefern ihre gewohnt gute Show, aber ich bin im Kopf schon einen Schritt weiter. Das Licht geht wieder an, die letzte halbe Stunde vor dem Konzert. Dann geht es los. Ich würde gerne aufstehen, aber… Das Publikum ist etwas etepetete. Alle sitzen brav auf ihren Plätzen und wer aus der Reihe tanzt wird blöd angemacht. Finde ich total unverständlich. Ich meine, Leute, das hier ist das ALLERLETZTE KONZERT dieser tollen Band und das sollten wir genießen.
Zum Glück sitze ich in der ersten Reihe im Oberrang und vor mir befindet sich eine äußert gut geputzte Glasscheibe – da ist die Sicht wenigstens gut.

Es beginnt mit „Thank you for everything“. Ich denke, es ist das letzte Mal und ich genieße es so gut ich kann.
„Choose to be me“ folgt. Jeder muss seinen Weg machen und tun, was für einen selbst richtig ist, auch wenn es nicht immer leicht ist.
„Unholy Ground“ – keine Ahnung wann zwischen Leipzig und Frankfurt das Lied auf die Setlist gehüpft ist, aber ja.
„Funkytown“ gehörte irgendwie nie zu meinen Lieblingsliedern, aber live ist es schon irgendwie geil. Vor allem heute, weil Tommy Lindgren den Rappart heute live on stage macht.
„Heartbreak Century“
„Beautiful“
„Afterglow“, ich kann nichts dagegen tun, die Tränen fangen bei diesem Lied an zu laufen. Jedes Mal wieder. Kein Wunder, das Lied handelt vom Verlassenwerden und von der Hoffnung, dass es nicht endgültig sein wird. Ich fühle das total. Besonders jetzt.
„Forever Yours“, mein all time favorite. Das Lied, mit dem Sunrise Avenue mein Herz endgültig erobert haben. Für die Tour in einer rockigen Version und einem ruhigen Abschluss, bei dem ein Publikumschor aus vielen tausend Stimmen die letzten Worte „Forever Yours“ singt und es zumindest in diesem Moment genauso meint.

„You have no idea, what you have done for us. And I am nobody to give any advice to anybody but I will say this: If you have a dream, no matter how big or small, no matter what it is, nobody… nobody has the right to come and tell you it’s not good. Because it’s your dream, it’s your call and it’s your life. Thank you so much“

Samu Haber, PSD Bank Dome, Düsseldorf,

„I can break your heart“
„Lifesaver“

Bei „Home“ wird es ruhig in der Arena und tausende Lichter gehen an. Dank einer Fanaktion gibt es für jeden Block Transparentpapierschnipsel um aus dem Lichtermeer einen großen Regenbogen zu machen. Nicht erst bei diesem Song stehen Samu seine Gefühle deutlich ins Gesicht geschrieben. Er ist zweifelsfrei da, wo er in diesem Moment sein möchte und auch für ihn wird das ein schwerer Abschied.
„Hurtsville“ der Ort, an den ich mich verkriechen werde, wenn die Tour vorbei ist. There’s only room for me in Hurtsville
„I help you hate me“ – schön wär’s. Das Lied handelt von einer Trennung und davon, dass derjenige, der geht alles daran setzt dafür zu sorgen, dass dem anderen die Trennung erträglicher gemacht wird. To help you let go, I wear the t-shirt you hate, let my hair grow, not in a good kind of way. I stay at home make sure you never see me smile again. Well, mir ist Samu mit kurzen Haaren zwar lieber, aber es kommt auf den Inhalt an und nicht auf die Verpackung…
„A little bit love“
„Never let go“

„Welcome to my life“... you see it is not easy, but I’m doing allright… hey little fighter, soon it will be brighter, we’re over the „Stormy End“ Verdammt, ich brauch ein Taschentuch
„Question Marks“
„Point of no return“ We can’t look behind now, please don’t cry now, let’s creat a thunder… Hier hüpft das ganze Publikum – zumindest der Golden Circle und ein paar andere im Innenraum. Der Rest, well, Düsseldorf halt. Da hüpft der Oberrang nicht. (In Köln schon) Aber immerhin stehen wir jetzt auch endlich mal.
„Nothing is over“ Neben mir werden Taschentücher gezückt, ich nehme den Ärmel des Pullis. Mal wieder. That’s it. Natürlich weiß ich, dass gleich noch ne Zugabe kommt, aber das Ende rückt unaufhaltsam näher und die Taschenlampen gehen nochmal an.

Mit Osmos Keyboard Solo wird die Zugabe eingeläutet. Er rennt nicht so vorfreudig den Bühnenausläufer rauf und runter wie die letzten Male bevor er sich hinter seine Keyboards stellt. Nach den ersten Tönen wischt er sich über die Augen. Heult er? Noch ein paar Töne bevor er sich beide Hände vors Gesicht hält und aussieht als würde er in die Knie gehen wollen. Er heult. Definitiv. Und vom Publikum kommt ein mitfühlendes „oooohh“ – als würden ihn alle in diesem Moment in den Arm nehmen und trösten wollen. Ich will es auf jeden Fall. Einen kurzen Moment, dann fängt er sich und zieht sein Solo durch.
„Fairytale gone bad“, der erste Hit und jetzt zappelt sogar der Oberrang.
„Wonderland“ und „Hollywood Hills“ singen wir lauthals mit, so können wir zumindest die nächsten Minuten verhindern, dass wir wieder heulen, aber als die letzten Töne verklungen sind, geht es los. Ich heule. Links neben mir wird geheult, hinter mir wird geheult. Auf der Bühne wird geheult. Samu, Osmo und auch die anderen haben zumindest Tränen in den Augen. Gruppenumarmung. Verbeugung. Die Jungs schlendern am Publikum entlang, schleudern Pleks und ihre Handtücher in die Menge. Samu winkt sich einen Sicherheitsmenschen heran und deutet ins Publikum. Schon wird ein Mädel über die Absperrung und auf die Bühne gehoben – im nächsten Moment schenkt Samu ihr seine Gitarre. Auch diese Geste entlockt dem Publikum ein kollektives „ooohhh“. Es gibt einfach zu viele Gründe, diese Band zu lieben. Ich bin immer noch nicht bereit zum Abschied nehmen, aber als alle die Bühne verlassen haben, verlasse ich die Halle…

„Partir, c’este mourir un peu“ – Abschied nehmen bedeutet immer ein wenig sterben.

Jetzt sitze ich hier, an meinem Schreibtisch und bei der Erinnerung an all die schönen Momente mit der Band, fließen schon wieder die Tränen.

I’m living on the afterglow...

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