Früher war „Kreuzfahrt“ für mich so ein „alte Leute“ Ding. Menschen unter 60 kamen in meiner Vorstellung auf Kreuzfahrtschiffen nicht vor. Selbst dann nicht, als eine Freundin begann, von Kreuzfahrten zu schwärmen. Doch als vor zwei Jahren die Welt plötzlich stehen blieb, blieb ich vor dem Fernseher hängen und suchtete „Verrückt nach Meer“ – eine Doku-Serie über ein Kreuzfahrtschiff auf der Reise über die sieben Weltmeere, mit Geschichten von Kapitän, Crew und Passagieren. Da saß ich nun, ging mit fremden Menschen auf die Reise und fragte mich, ob ich das nicht eventuell doch mal selbst probieren sollte. Ein paar Tage durchs Mittelmeer schippern und verschiedene Städte erkunden wäre schon irgendwie schön – oder?
Alleine wollte ich das jedoch nicht tun, also fragte ich meine kreuzfahrtbegeisterte Freundin ob sie meine Reisebegleitung sein wollte. Sie wollte. Und um ein bisschen zu sparen, nahmen wir auch noch ihre Mutter mit.
Wir sind aber nicht im Mittelmeer gelandet, sondern in der Nordsee. Auf der Metropolen-Tour Hamburg-Southampton-Cherbourg-Zeebrügge-Rotterdam-Hamburg. Der Vorteil: wir sparten uns den Flug und ich hatte die Chance auf London (ursprünglich auch auf Paris, aber da die Route schließlich von Le Havre auf Cherbourg umgelegt wurde, fiel der Ausflug leider aus). Der Nachteil: wir wollten Anfang März fahren und hatten keine Ahnung ob es kalt, eiskalt oder schon warm, trocken oder verregnet sein würde.
Tag 0: Check-In auf der AIDAcosma
Wir trafen uns gegen 12.30 Uhr am Cruise Terminal Hamburg-Steinwerder, eine halbe Stunde vor unserem gebuchten Check-In-Slot. Kofferabgabe, Kontrolle der Reisepässe (seit Oktober 2021 Pflicht für Reisen nach Großbritannien), Impfstatus, PCR-Test, Abholung der Bordkarten. Rauf aufs Schiff und erstmal in die Kabine wo man 90 Minuten warten sollte – für den Fall, dass der PCR-Test doch positiv sein sollte.
Danach blieb Zeit um schon ein wenig das Schiff zu erkunden, eine Kleinigkeit zu essen und sich schließlich zum Ablegen an der Lanai-Bar (am Heck des Schiffes, draußen) einzufinden und sich mit einem (alkoholfreien) Cocktail in der Hand den Allerwertesten abzufrieren während das Schiff sich auf den Weg Richtung Nordsee macht und „Sail away“ aus den Lautsprechern des gesamten Schiffes tönt.
Tag 1: Seetag
Nach einem gemütlichen Frühstück im East, einem der Buffet-Restaurants, ging es für mich ins Body & Soul Spa zur 50minütigen Deep-Tissue-Massage. Ehrlich gesagt habe ich beim Preis von 99,- € schon erstmal geschluckt, aber ich war fest entschlossen, es mir im Urlaub so richtig gut gehen zu lassen. Was soll ich sagen, ich kann mich nicht erinnern, jemals so entspannt gewesen zu sein wie nach dieser Massage.
Auch der Rest des Tages verging ziemlich entspannt – mit Chillen im Beachclub, inklusive Whirlpool, Bingo, Abendessen im Oceans (einem der á la carte Restaurants die im Preis inbegriffen waren, wo man aber reservieren musste). Den Abend verbrachte ich dann im Studio X bei „Die Pyramide“ (die Älteren kennen es noch als TV-Sendung mit Dieter Thomas Heck…) und einem Pub-Quiz im Brauhaus, wobei ich mir letzteres hätte schenken können, weil die Fragen zu speziell waren – ich hätte eine bunte Mischung besser gefunden.
Tag 2: Southampton-London
Für mich ging es nach dem Frühstück mit einem Bus nach London. Dafür, dass dort 9 Millionen Leute wohnen, fand ich es an vielen Stellen echt sehr kleinstadtmäßig. Und so unerwartet grün. Wir wurden am „London Eye“ Riesenrad ausgesetzt und hatten anderthalb Stunden Freizeit. Das erste Manko des Ausflugs. Die Zeit reichte gerade mal so, bis zum Buckingham Palace und zurück zu rennen. Es folgte eine Bootsfahrt auf der Themse bis zur Tower Bridge, leider gab es dort – abgesehen von der Brücke – nichts spannendes zu sehen. Es gab hier noch einmal zwei Stunden Freizeit, jedoch zu weit weg von den Sehenswürdigkeiten, bevor es mit dem Bus wieder Richtung Southampton ging. Trotzdem war es für mich ein Erlebnis, in London zu sein, doch um dort alles zu sehen, hätte auch ein ganzer Tag Freizeit nicht ausgereicht. Deshalb würde ich gerne nochmal hin.
Tag 3: Cherbourg
Der erste Ort, der auf eigene Faust erkundet wurde. Zugegeben, Cherbourg ist jetzt keine Touristenhochburg, aber ein niedliches kleines Städtchen, an dem nebenbei auch die Titanic Station gemacht hat. Das Terminal, an dem unser Schiff lag, war exakt das, an dem auch die Titanic gelegen hat. Das passende Museum war übrigens direkt gegenüber.
Wenn man schonmal in Frankreich ist, muss man in einem Café sitzen und etwas original Französisches essen. In meinem Fall Macarons. Das sind zwar die reinsten Zuckerbomben aber… die waren sooooo lecker.
Tag 5: Zeebrügge – Brüssel
Lecker frühstücken im Bella Donna – bestes Frühstück an Bord – und dann mit dem Bus und einem super Reiseleiter nach Brüssel, in die Hauptstadt Belgiens und der EU. Gestartet sind wir mit dem obligatorischen Fotostop am Atomium. Leute, das Ding ist riesig. Winzig hingegen ist das Manneken Pis, das wir nach der Stadtrundfahrt – vorbei an den Sehenswürdigkeiten und diversen EU-Gebäuden – natürlich auch besuchen mussten. Danach hatten wir knapp zwei Stunden Freizeit, die ich für den Genuss einer original belgischen Waffel und den Besuch eines Buchladens genutzt habe.
Abends hatten wir einen Tisch im French-Kiss (einem weiteren á la Carte Restaurant) gebucht – bestes Abendessen der Woche.
Tag 6: Rotterdam
Der frühe Vogel hat den Whirlpool für sich alleine. Und den Sonnenaufgang beim Einlaufen in den Hafen von Rotterdam. Dafür hat es sich definitiv gelohnt um 6.00 Uhr aufzustehen. Memo an mich selbst: nächstes Mal eine Mütze aufsetzen. 4 Grad Außentemperatur waren nicht ganz so idyllisch wie der Rest.
Auch Rotterdam erkundeten wir wieder auf eigene Faust. Einmal über die Erasmus-Brücke ging es eine Flaggen-Allee entlang. An jedem Fahnenmast konnte man per QR-Code etwas über das jeweilige Land erfahren. Wir schauten uns den alten Hafen an und gingen dann eines der Kubus-Häuser besichtigen. Ein Abstecher in die Markthalle durfte natürlich auch nicht fehlen. Wir deckten uns mit Gewürzen ein (die man alle probieren konnte) und aßen eine Kleinigkeit bevor sich unsere Wege trennten. Ich bummelte durch die Stadt, am Bahnhof vorbei und schaute mir die Mini World an.
Abendessen gab es heute im Beach House (noch ein á la Carte Restaurant, das wir testen wollten).
Tag 7: Seetag
Da sich das Ablegen etwas verspätete, sah ich mir das ganze beim Frühstücken an. Danach ging es für mich noch einmal zur Massage. Eigentlich ist es sehr schade, dass man die Aussicht aus der Massagekabine nicht bewundern kann, weil man die ganze Zeit die Augen geschlossen hat. Nach der Massage habe ich in der Kabine knapp zwei Stunden geschlafen – die letzten vier Tage unterwegs haben mich doch ziemlich geschlaucht. 24/7 unter Leuten, kein einziges ruhiges Plätzchen außerhalb der Kabine – das war irgendwann wohl einfach zuviel. Zum Abschluss noch eine Runde Bingo – leider haben wieder nicht wir sondern jemand neben uns gewonnen.
Ich habe auf den letzten Drücker noch die Eisbar getestet. Da musste man zwar für das Eis zahlen, aber es gab wirklich ungewöhnliche Sorten (ich hatte Honig-Kurkuma und Coffee-Crunch) und 1,- € pro Kugel ist immer noch billiger als an Land.
Abreisetag
Obwohl ich gefühlt spät dran war, habe ich noch etwas vom Sonnenaufgang und der Einfahrt in den Hamburger Hafen mitbekommen. Bei 1° C Außentemperatur und vereinzelten Eisflächen auf den Pooldecks.
Wir genossen ein letztes Mal das gute Frühstück im Bella Donna und verließen gegen 10 Uhr das Schiff um uns auf den Weg in die Heimat zu machen. Ich mit dem Shuttle-Bus zum Bahnhof und von dort weiter mit dem Zug, die anderen beiden mit dem Auto.
Fazit:
Auch wenn mir diese Reise sehr gut gefallen hat und ich vielleicht sogar wieder eine Kreuzfahrt machen würde, ich kann immer noch nicht nachvollziehen, warum Menschen nur diese Art Urlaub machen. Denn abgesehen von den Orten, die man besucht, ist es ja doch irgendwie immer dasselbe. Was ich echt vermisst habe, war Ruhe. Ich hätte mir wenigstens einen Ort auf dem ganzen Schiff gewünscht, an dem nicht die ganze Zeit Musik läuft. Zum Glück hatten wir eine Kabine mit Balkon, so dass ich ein paar ruhige Minuten in der Hängematte mit Meerblick genießen konnte. Die Möglichkeit, über Nacht an einen anderen Ort zu reisen und jeden Tag an einem anderen Ort auf Entdeckungstour zu gehen, finde ich großartig. Es gab einfach so viel zu sehen und so vieles, was ich noch sehen möchte.