Kreativität

Vor einer Weile habe ich das Buch “Kreativität” von Melanie Raabe, das ich vor allem durch die Schwärmerei einer Bookstagrammerin auf meine Lesewunschliste gesetzt habe, gelesen.

Kreativität ist, wie ich sagen würde, voll mein Thema. Ich bin Autorin, auch wenn ich noch kein einziges Buch veröffentlicht habe und es vermutlich auch nicht tun werde weil ich viel zu viel Angst davor habe, jemand könne mich für meine Geschichten, an denen ich mit viel Herzblut arbeite, belächeln. Ich stricke, häkle, koche, male – kurz gesagt, ich bin ständig in irgendeiner Form kreativ. Und ich lerne gerne dazu. Auch deshalb war ich neugierig auf dieses Buch.

Vieles, was die Autorin in diesem Buch schreibt, habe ich schon gehört. Aber wie mit so vielen Dingen im Leben ist es mit gehörten Dingen so, dass man sie oft auch wieder vergisst oder sie in einer Gehirnschublade verstaut, die man so lange nicht öffnet, bis man dazu aufgefordert wird. Manchmal muss man einfach erinnert werden. An das, was man schon geschafft hat. An Hürden, die man überwunden hat. Oder an Ratschläge, wie man seiner Kreativität Flügel verleiht.

Ich wurde daran erinnert, dass ich den Fokus auf mich selbst richten muss. Ich kann mir Inspiration bei anderen holen, muss aber aufpassen, dass ich nicht anfange, jemanden nachzumachen der schon erfolgreich ist. Denn ich möchte doch mit meiner eigenen Kreativität etwas schaffen. Etwas von mir. Keinen Abklatsch von jemand anderem.

Ich wurde daran erinnert, dass ich mir Pausen gönnen muss. Mein Gehirn blockiert, wenn ich zu lange vor einem weißen Blatt sitze. Ich möchte schreiben, die Protagonisten ihre Geschichten erzählen lassen, doch ich sitze nur da und alles was mir einfällt ist – nichts. Statt mich darüber zu ärgern hilft es, alles stehen und liegen zu lassen, mir Elsa zu schnappen und draußen eine große Runde spazieren gehen, frische Luft zu schnappen und den blauen Himmel zu genießen. Oder mir einen Putzlappen zu greifen und die Fenster einer dringend benötigten Reinigung zu unterziehen. Einfach etwas komplett anderes zu tun um den Kopf wieder freizubekommen.

Manchmal wäre ich tatsächlich gerne eine erfolgreiche Instagrammerin. Ich mag dieses Netzwerk in dem man mit Bildern und kurzen Texten so viele Menschen erreichen kann. Ich möchte nicht schlank und topgestylt in die Kamera grinsen und mit Rabattcodes um mich werfen. Ich möchte von meinem chaotischen Leben erzählen. Von dem was ich tue, von dem, worin ich scheitere und von allem, was mir sonst so wichtig ist. Wahlweise hätte ich “mein Thema” gefunden und würde darüber schreiben.
Instagrammerin bin ich schon. Seit Jahren. Mal mit ganz viel Büchern, mal mit ganz viel Sport, immer mit dem, was in meinem Leben gerade aktuell ist. Ob das jemanden interessiert? Nicht viele, soviel ist mal sicher. Aber es ist mir egal, denn hauptsächlich mache ich das ja für mich.
Trotzdem möchte ich besser werden und stelle mir deshalb Fragen. Wieso sieht ein Bücherstapel auf dem Tisch bei anderen immer so stylisch aus und bei mir sieht er wie zusätzliches Chaos aus? Wieso haben gefühlt alle außer mir ein durchgestyltes Zuhause. Muss ich wirklich Bildbearbeitung lernen und Videos machen?


Hm. Ich sollte darüber nachdenken.

Vielleicht sollte ich auch gar nicht darüber nachdenken sondern statt dessen das tun, was Melanie Raabe empfiehlt: einfach machen.

Halbzeit

Halbzeit

Heute ist mein Geburtstag. Der 45.

Wenn ich nach vorne schaue und an die nächsten 45 Jahre denke, finde ich, dass das eine krass lange Zeit ist. Werfe ich allerdings einen Blick zurück ist alles was war gefühlt noch gar nicht so lange her.

Ich wohne hier doch erst seit kurzem (15 Jahre), ich bin doch gerade erst von Zuhause ausgezogen (20 Jahre), mein Neffe ist doch „gerade erst“ geboren (fast 12 Jahre), ist doch noch gar nicht so lange her, dass ich aus der Schule raus bin (fast 25 Jahre)… und damit könnte ich noch endlos weitermachen. Mein gefühltes Alter schwankt zwischen 28 und 35, aber 45? Never ever.

Kurz vor meinem 30 Geburtstag dachte ich noch, mit 30 sei mein Leben „vorbei“ und es käme nur noch langweiliger Erwachsenenkram. Arbeiten, Steuererklärung, Haushalt. Ich wünschte, ich hätte da schon manches gewusst, was ich heute weiß. Aber so funktioniert das Leben nun einmal nicht. Man muss sein Leben leben, eigene Erfahrungen machen und Lehren daraus ziehen. Dann kann man höchstens noch versuchen, jüngere Menschen mit klugen Ratschlägen (die man allerdings nicht ungefragt verteilen sollte, wir wissen doch, wie unpassend sowas ist) vor unseren Fehlern zu bewahren.

Mit 40 Jahren waren mir plötzlich ganz viele Dinge egal, über die ich mir früher Gedanken gemacht habe. Zum Beispiel, was andere Leute über mich denken wenn ich dieses oder jenes tue – oder eben nicht tue. Es schien als hätte ich plötzlich kapiert, dass ich mich so langsam mal um mich selbst kümmern sollte und nicht darum, die Erwartungen anderer zu erfüllen. Das habe ich schließlich lange genug versucht. In der Regel vergeblich, denn das, was „die anderen“ so erwarten, ist halt nicht mein Weg. Noch nicht mal dann, wenn ich es gerne so gehabt hätte. Ich hatte auch immer die Vorstellung eines eher traditionellen Lebensweges – Heiraten, Haus, Kinder usw – aber, es wird euch nicht überraschen, so läuft das Leben nun einmal nicht. Man kann sich sein Leben in den schönsten Farben ausmalen und trotzdem wird man hin und wieder ziemlich derbe auf die Schnauze fallen. Die Frage ist halt nur, wie man damit umgeht.

Ich habe nicht mitgezählt wie oft ich meine Träume/Pläne begraben musste, wie oft ich mir heulend die Bettdecke über den Kopf ziehen und erst wieder rauskommen wollte, wenn endlich alles gut wird. Zum Glück habe ich das nicht getan, denn es wäre vermutlich eine deprimierend große Zahl und womöglich würde ich immer noch unter der Decke liegen. Aber eine meiner Stärken ist, dass ich nicht lange hadere, wenn etwas nicht so gelaufen ist, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich falle auf die Nase, bin ein bis drei Tage wahlweise stinksauer oder todunglücklich, dann stürze ich mich mit hochgekrempelten Ärmeln ins Abenteuer. Das Leben bietet so viele Möglichkeiten, da bleibt keine Zeit, ewig den Kopf in den Sand zu stecken.

Setzt ihr euch manchmal hin und phantasiert herum was passiert wäre, wenn zum Zeitpunkt X alles so gelaufen wäre, wie ihr es euch damals vorgestellt habt? Ich schon. In der Regel enden diese Tagträume mit großer Erleichterung. Ich meine, wenn ich mir vorstelle ich wäre immer noch mit meinem ersten Freund zusammen… Ich würde als Polizistengattin in der Voreifel leben und… Leute, rettet mich aus diesem Albtraum.
In einem der selteneren Fälle, die mir selig lächelnd durch trübe Tage helfen, bin ich seit etwa 15 Jahren verheiratet, habe 4 Stiefkinder und mittlerweile 7 (Stief-)Enkel. Ich wäre mit Abstand die coolste Oma im ganzen Kindergarten/der Grundschule. Okay, mein Mann würde dieses Jahr seinen 60. feiern, aber irgendwas ist ja immer und für das Alter hat er sich echt gut gehalten.

Okay, ich bin jetzt also 45. Optimistisch genug davon auszugehen, dass ich mindestens 90 werde, daher auch „Halbzeit“. Und ehrlich gesagt muss ich auch mindestens 90 werden, ich habe ja noch so viel vor…

Aber bevor ich mich voller Hoffnung in die Zukunft stürze, ein kleiner Rückblick, auf die letzten 45 Jahre:

5 verschiedene Wohnorte
15 Jahre Vollzeit-Schulbesuche (13 bis zum „nicht“-Abi, 2 für die Fortbildung zur Betriebswirtin Agrarwirtschaft)
9 verschiedene Jobs (Küchenfee, Inventurhilfe, Nachhilfelehrerin, Landwirtin, Putzfrau, Tagesmutter, Verkäuferin im Buchhandel, Servicekraft, Personalwesen)
10 bereiste Länder (Tschechische Republik, Schweiz, Italien, Spanien, Niederlande, Frankreich, Dänemark, Großbritannien, Belgien, Liechtenstein)
1 „sportliche“ Höchstleistung (3 Halbmarathons)
17 Konzerte von ein und derselben Band (Sunrise Avenue) plus unzählige andere (u.a. Phil Collins, Die Toten Hosen, Madsen, Fury in the Slaughterhouse)
mindestens 14 Jahre beim Frühstückstreffen in Bremen
über 1500 Bücher quer durch alle Genres gelesen

Plus: einige dieser „bad ideas make the best memories“- Momente und viele, viele kleine Glückse.

Happy Birthday to me – auf die nächsten 45 Jahre.

Fernstudium: Klausurzulassung erreicht.

Long time no see…

Ich bin ein fürchterlicher Blog-/Tagebuchschreiber geworden, dabei habe ich den Kopf voll mit Zeugs das raus in die Welt will…

Aktuell stecke ich mitten im 1. offiziellen Semester meines Wirtschaftswissenschaften-Studiums, bekomme graue Haare von Mathe, verzweifle an Statistik und versuche, mich zu strukturieren und für Selbstdisziplin zu sorgen, was mir beides nur eher leidlich gelingt. Zum Semesterstart hatte ich mir vorgenommen, neben dem Modul „Einführung in die Wirtschaftsmathematik und Statistik“ das Modul „Externes Rechnungswesen“ zu bearbeiten und eventuell den einen oder anderen Blick in das Modul „Investition & Finanzierung“ zu werfen.
Tja, wer mich kennt weiß wie das mit mir und Plänen so ist – sie gehen nie auf. Nach einem Blick in die Klausurtermine habe ich beschlossen, das mit dem Rechnungswesen eher nebenbei zu machen und mich auf die zwei anderen Module zu stürzen – es reicht ja schließlich, wenn man sich eine Urlaubswoche mit Klausuren versaut. Um überhaupt an einer Klausur teilnehmen zu können, muss man so genannte Einsendeaufgaben (EA) bearbeiten und mindestens die Hälfte davon bestehen. Bedeutet in meinem Fall: je eine EA mit Mathe bzw. Statistik für das eine Modul und je eine für Investition bzw. Finanzierung. In Rechnungswesen gibt es vier EA. Als ich einen ersten Blick darauf warf, war in jedem Fall klar, dass das kein Spaziergang wird. Zumindest nicht für ein unterdurchschnittliches Mathetalent wie mich. Aber Aufgeben war keine Option, jedenfalls nicht in der zweiten Woche des Semesters, also setzte ich mich an die Unterlagen, besuchte Mentoriate und redete mir ein, dass ich das „schon irgendwie“ hinkriege.

Für die Einsendeaufgaben gibt es Deadlines und die für mich wichtige war: vorgestern. Letzte Woche habe ich mich mit Vollgas durch die Statistik-Mentoriate auf Youtube gequält (es waren 8 mit einer länge von je etwa 3 Stunden) und, ehrlich gesagt, Statistik und ich werden in diesem Leben wohl keine Freunde mehr. Nebenbei wurde fleißig in den zugehörigen WhatsApp-Gruppen diskutiert und sich Mut zugesprochen und Samstag war der Tag, an dem ich endgültig keine Lust mehr hatte. Ich hatte zu jeder Aufgabe eine Lösung und der Gedanke „was ich jetzt nicht kann, kann ich bis Montag auch nicht“ hatte sich so festgesetzt, dass ich todesmutig auf „Abgeben“ klickte und dem Schicksal seinen Lauf ließ.
Die ganze Anspannung, von der ich nicht gewusst hatte, dass sie da war (denn der Gedanke: fürs Bestehen wirds reichen war omnipräsent), fiel von mir ab und ich lehnte mich erstmal zurück.

Gestern – also nicht mal 12 Stunden nach Abgabeschluss – waren die Ergebnisse bereits draußen und ich warf einen Blick auf meine Ergebnisse:
1. EA: Mathe – 73% (wäre die Note 2,7)
2. EA: Statistik – 67,1 % (3,0)

1. EA: Investition: 86 % (1,7)
2. EA: Finanzierung: 91% (1,3)

Und für das nebenbei gemachte Modul externes Rechnungswesen:
1. EA: Multiple Choice 88,3% (1,7) (dafür hab ich gelernt)
2. EA: Multiple Choice 71,6 % (2,7) (die hab ich mit Lebenserfahrung und solidem Halbwissen „geraten“)

Damit habe ich in allen drei Modulen die Vorraussetzung für die Prüfungszulassung erfüllt, ich könnte mich jetzt also hinsetzen und sagen: „ach komm, ReWe schreib ich dann auch noch mit, zum Bestehen wird’s reichen“. Aber ich bleibe bei zwei Klausuren. Denn wenn ich mit Halbwissen schon (für mich) passable Ergebnisse erzielen kann, wie sieht das dann aus, wenn ich dafür vorher lerne? Eben.

Die nächsten 9 Wochen bis zur Klausur ist also Vorbereitung angesagt. Wissenslücken füllen, alte Klausuren durchrechnen, Formeln auswendig lernen. Drölfzigtausend Karteikarten vollschreiben und – am wichtigsten – nicht aufgeben.

Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine neue

Ich weiß nicht, wie oft ich diesen Spruch schon gehört oder mir selbst gesagt habe, aber ich weiß, dass es stimmt. Aber was ich in den letzten vier Wochen gemerkt habe ist, dass wenn man nicht darauf wartet, dass sich eine neue Tür öffnet, sondern selbst aktiv wird und Türen öffnet, eine Art Kettenreaktion in Gang gesetzt wird. Das eigene Blickfeld erweitert sich wieder, man sieht neue Möglichkeiten, hat neue Ideen und – was mir gerade extrem auffällt – es wird Energie freigesetzt.

In den letzten Jahren hatte ich ein relativ entspanntes Leben. Ich habe gearbeitet, hatte aber auch sehr viel Freizeit. Viel Zeit, Bücher zu lesen, mit Elsa spazieren zu gehen, oder einfach auf dem Sofa zu liegen und fernzusehen. Es ist nicht so, dass ich damit unzufrieden war, wobei ich zwischendurch natürlich darüber nachgedacht habe, wie es wäre, mehr zu arbeiten und mir dadurch mehr Möglichkeiten schaffen zu können.
Aber wenn ich ehrlich bin muss ich zugeben, dass ich es mir in meinem gechillten Leben auch ganz schön bequem gemacht habe. Ich habe immer gearbeitet, ich habe immer, wenn ich gerade einen Job verloren habe oder nicht mehr machen wollte, problemlos einen neuen gefunden. Weil ich nicht an “DEM” einen Job hänge, weil ich interessiert und mutig genug bin, etwas Neues zu probieren und dazuzulernen. Wobei ich mich selbst gar nicht mal als besonders mutig bezeichnen würde.
Ich finde, dass man offen sein muss. Für Neues ebenso wie für (vermeintliche) Rückschritte. Auch Toiletten putzen ist Arbeit – vielleicht nicht besonders gut bezahlt und auch nicht hoch angesehen, aber einen Job zu machen ist immer noch besser, als keinen Job zu machen. Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen, ist einer der Sprüche, die mein Vater in passenden Momenten zu Besten gibt.

Letztes Jahr hatte ich drei Jobs. Einen als Tagesmutter (12-15 Stunden/Woche) und einen im Buchhandel ( 4-5 Stunden in der Woche) und einen als Reinigungskraft im Kindergarten (8 Stunden/Woche). Ich hab mich sehr durch den Winter gequält. Nicht, weil die Arbeit so anstrengend gewesen wäre, aber bei der Arbeit immer das Gefühl zu haben, dass man eigentlich längst im Feierabend-Modus auf der Couch liegen sollte (und das nur, weil es so früh dunkel ist), das war einfach nicht meins.
Den Reinigungsjob habe ich aufgegeben, der im Buchhandel fiel weg, ein Job im Homeoffice (wahlweise in einem echten Büro, je nach Zeit) kam dazu, das Geld war knapper und ich wurde unzufriedener. Etwas musste sich ändern.
Also wechselte ich mein Studienfach an der Fernuni, denn das mache ich nebenbei ja auch noch – studieren. Einfach so, weil ich gerne lerne. Es beinhaltet zwar einen Haufen Mathe, aber es macht so viel Spaß, ich mag die Herausforderung und es fühlt sich irgendwie plötzlich so an, als sei ich auf dem richtigen Weg. Nach wohin auch immer. Ich habe diesen Winter besser überstanden als den letzten, obwohl dieser andere – härtere – Herausforderungen mit sich brachte. Und im Februar war ein Brief der Tritt in meinen Faultierhintern, den ich offensichtlich gebraucht habe.
Seit vier Wochen habe ich wieder drei Jobs. Einen als Tagesmutter (12 Stunden/Woche), einen Nebenjob im Homeoffice (3-8 Stunden/ Monat) und einen in der Gastronomie (Teilzeit, flexibel 15-25 Stunden/Woche). Mein Energielevel ist so hoch wie lange nicht mehr, mein Kontostand verbessert sich nachdrücklich und meine Laune… die ist auch richtig gut. Ich scheine vergessen zu haben wieviel ein Job mit guten Kollegen ausmacht. Ich bin gerne allein und ich arbeite auch gerne allein vor mich hin, aber offensichtlich brauche ich zumindest ein paar Stunden in der Woche im Team.

Langsam schwappt die Energie, die ich aus dem Studiengangwechsel und den neuen Job ziehe, über und das gute Gefühl, dass es seit langem endlich mal wieder vorwärts geht, verleiht mir ebenfalls Auftrieb.

Auf das, was da noch kommt…

Gebrauchte Tage…

Es gibt so Tage, die braucht man einfach nicht. Nicht heute, nicht morgen und auch nicht irgendwann sonst.

Die zweite Januarwoche begann eigentlich ganz vielversprechend: mit einem überraschenden freien Tag. Doch dann kam die Nachricht, dass mein Vater ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Nach zwei Anrufen dort war ich noch ganz guter Dinge. Klar, mein Vater ist mit 81 nicht mehr der Jüngste, aber für sein Alter immer noch ziemlich gut drauf und relativ fit. Trägt jeden Tag die Zeitung aus, versorgt sich, das Haus und den Garten, fährt quer durch das Bundesland um die Familie zu besuchen und spielt Chauffeur für die Enkel. Natürlich ist er auch mal krank, aber wer ist das nicht. Nun hatte ihn wieder seine jährliche Bronchitis erwischt und – ein wenig altersstarrsinnig ist er ja dann doch – er dachte das geht von allein weg. Tut es ja sonst auch. Ging es aber nicht und sein Nachbar hat ihn dann zum Arzt gefahren – der ihn dann postwendend hat einliefern lassen…
Am späten Nachmittag wurde es dann dramatisch. Meine Schwester rief mich an und meinte, wir müssten Entscheidungen treffen. Über lebensverlängernde Maßnahmen und dergleichen. Denn unser Vater hatte einen Herzstillstand. Er wurde zwar reanimiert, aber er stünde weiter auf der Kippe. Genaueres wusste sie nicht, denn die Ärztin war in Eile und auch nicht gut zu verstehen und überhaupt war im Krankenhaus eh schon die Hölle los.

Wir haben also entschieden. Wir brauchten darüber nicht lange diskutieren, denn – egal wie scheiße schwer Entscheidungen dieser Art auch sein mögen – wir sind uns da ziemlich einig.

Während wir gedanklich in der Nacht schon eine Beerdigung geplant und ein Haus leer geräumt haben, bekam unser Vater erstmal einen behelfsmäßigen Schrittmacher angebaut. Bei Notfällen muss man als Angehöriger nichts entscheiden, da machen die einfach…

Als wir ihn am nächsten Tag ins Krankenhaus kamen wurden wir auf der Intensivstation mit den Worten „erstmal herzliches Beileid“ begrüßt. Glücklicherweise war das eine Verwechslung und zwei Minuten später saßen wir bei unserem Vater am Bett, der uns munter erzählte, dass er am nächsten Tag einen Termin beim Augenarzt hätte und wir da doch bitte anrufen und seinen Termin verschieben mögen. Den Termin bei einem anderen Arzt am Freitag könne er aber problemlos wahrnehmen.
What? Bei meiner Schwester pulsierte schon die Halsschlagader während ich einfach in mich hineingrinste und „typisch Papa“ dachte.

Nach fünf Tagen Intensiv- und ein paar Tagen Normalstation wurde er vom Krankenhaus direkt in eine dreiwöchige Reha nach Bad Salzuflen befördert, wo sie ihn wieder so weit aufgepäppelt haben, dass er nun wieder allein zu Hause zurecht kommt.

Ich bin dankbar dafür, dass meine Schwester und ich uns in so vielen Dingen einig sind, obwohl wir an sich total unterschiedliche Charaktere sind, und ich bin dankbar für den Unterschlupf, den Big mir im Büro gewährt, und für die stumpfsinnige (aber nicht weniger wichtige) Arbeit, mit der er mich zur Ablenkung versorgt hat. Sein Kaffee ist nach wie vor schlecht, aber immerhin fertig und heiß wenn ich komme.

Trotzdem brauche ich so eine Erfahrung nicht so schnell wieder.
Danke.

Rock your life von Rudolf Schenker und Lars Amend

Im Buchladen…
Da schlendere ich, vollbepackt mit Büchern, durch die Filiale einer großen Buchhandelskette, als mich plötzlich das Cover oder besser gesagt der Titel eines Buches anspringt „ROCK YOUR LIFE“ steht da, es schreit mich geradezu an mit diesen Großbuchstaben und dem pink/lilafarbenen Hintergrund.
Geiler Titel, denke ich, mache aber im selben Moment im Kopf schon wieder einen Schritt zurück weil das Buch in der „Lebenshilfe“-Abteilung liegt und – mal im Ernst, diese ganzen „Ratgeber“ von so genannten Coaches die dich mit ihren Mitte 20 wie aus dem Ei gepellt von ihren Social Media Portalen anstrahlen und dir Erfolg, Glück und ein erfülltes Leben versprechen, die kann ich einfach nicht ernst nehmen.
Trotzdem ist meine Neugier geweckt und ich schaue nach, wer das Buch geschrieben hat. Lars Amend, ja, sagt mir was, der hat doch auch bei „Dieses bescheuerte Herz“ mitgeschrieben, und… Rudolf Schenker – Moment Mal… DER Rudolf Schenker? Gitarrist von den Scorpions? So’n Esoterikscheiß hätte ich dem gar nicht zugetraut. Aber, verdammt nochmal, Rudolf Schenker. Wenn jemand schon länger erfolgreich ist als ich am Leben bin können seine Lebensweisheiten ja auch nicht ganz verkehrt sein. Und außerdem kommen die Scorpions aus Hannover, auch nicht gerade der Nabel der Welt.
Schon liegt das Buch in meiner Hand. Ich schlage es auf, lese zwei Sätze und weiß sofort, dass ich es an diesem Tag nicht mehr aus der Hand legen werde…

Dieses Buch hat mein Leben verändert.
Okay, das ist jetzt vielleicht ein klein wenig übertrieben, aber als ich angefangen hatte zu lesen dauerte es nicht sehr lange, bis es in meinem Kopf das erste Mal leise „klick“ machte. Dann nochmal und nochmal und schließlich klickerte es in meinem Kopf munter vor sich hin.

„Für Veränderungen, neue Ziele, große Träume und noch größere Herausforderungen ist es nie zu spät, ganz egal ob du 15,20,40 oder wie ich 73 Jahre alt bist.“

Rock your life, S.23

Im ersten Moment denke ich, ja, weiß ich. Aber mir wird klar, dass dieser Satz noch mal eine ganz andere Wirksamkeit bekommt wenn er mit einer Geschichte aus einem echten Leben untermauert wird.

„Ein erster Schritt für eine Veränderung ist zu erkennen, dass du alleine für deine Situation verantwortlich bist.“

Rock your life, S.40

Auch das weiß ich im Prinzip selber. Aber oft hänge ich an diesem Punkt und denke, ja, das ist mein eigener Mist, aber wie komme ich jetzt aus diesem Schlamassel wieder heraus? Nicht umsonst gibt es ja den Spruch, den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen. Die Lösung liegt oft so dicht vor einem, dass man sie schlicht nicht wahrnimmt.

„Betrachte einen Rückschlag einfach als eine Art von der Natur entwickelten Schutzmechanismus, der deinen eingeschlagenen Weg kontrolliert und dich dazu zwingt, dir Zeit zu nehmen, um eventuell eine Richtungskorrektur vorzunehmen.“

Rock your life, S.44

Endlich mal ein Satz, den ich in meinem Leben schon sehr verinnerlicht habe. Natürlich finde ich es auch scheiße, wenn ich vom Schicksal eins übergebraten bekomme, aber ich sitze nicht ewig jammernd herum und finde alles furchtbar (wobei ich mir natürlich auch dafür einen Moment Zeit nehme). Ich schaue welche Möglichkeiten sich nun eröffnen, die ich vorher nicht hatte. Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine neue. Lebenserfahrung rockt.

Und so ziehen sich diese Lebensweisheiten, durch das ganze Buch. Die Geschichte von Rudolf Schenker, die gleichzeitig auch irgendwie die Bandgeschichte der Scorpions ist, ist vermutlich das geilste Buch, das jemals in einer Lebenshilfeabteilung von mir gefunden wurde.
Denn auch wenn die Scorpions nie eine richtige Lieblingsband von mir waren, so hat diese Band irgendwie zu meinem Leben gehört wie Jan Fedder, die Queen und die Sendung mit der Maus. Gefühlt alles da seit ich denken kann.

Das Buch ist Band-History, Biografie und Mutmachbuch in einem. Ich hab es fast in einem Rutsch durchgelesen und drölfzigtausend Markierzettel reingeklebt (obwohl ich Dinger todselten benutze weil ich mir immer einbilde, ich könnte mir die wichtigen Stellen merken…). Ich lieb’s.
Ihr müsst das lesen, es lohnt sich. Versprochen.

Fernstudium update

Zwischen den Feiertagen habe ich mir ein paar unifreie Tage gegönnt.

Ursprünglich hatte ich geplant, in dieser Zeit die Einsendeaufgaben im Fach „Einführung in die Wirtschaftsmathematik und Statistik“ zu bearbeiten um die Klausurzulassung zu bekommen, aber… Ich habe mich mit sehr viel mehr Selbstdisziplin und Motivation in dieses Semester gestürzt als ich es von mir selbst gewohnt bin und es hat mir (auch mit den unregelmäßigen Verzweiflungsanfällen wegen der Menge an Stoff im Allgemeinen und einigen Matheaufgaben im Besonderen) so viel Spaß gemacht. Das macht es auch immer noch, ich habe jedoch um Weihnachten herum gemerkt, dass mein Energielevel ziemlich weit unten war. Deshalb habe ich mir die Zeit genommen, mal über die letzten drei Monate und die kommenden 2,5 bis zur Prüfung nachzudenken und bin zu dem Entschluss gekommen, dass ich in diesem Semester keine Matheklausur schreiben werde. Denn auch wenn ich damit besser zurechtkomme als ich es nach der ersten Durchsicht der Skripte und der Erinnerung an meine mathematischen Fähigkeiten der Oberstufe erwartet habe, mir fehlt immer noch viel und die Vorstellung, die Lücken und alles andere bis zur Klausur irgendwie in meinen Kopf zu bekommen, setzt mich mehr unter Druck als für meine Leistungsfähigkeit gut ist.

Ich werde mich also nun hauptsächlich auf das Modul „Einführung in die Wirtschaftswissenschaften“ stürzen und Mathe als Nebenfach laufen lassen. Wenn ich mir die Zeit nehme, um das Gelernte ein bisschen sacken zu lassen, bleib es hoffentlich besser in meinem alternden Hirn hängen und kann bei Bedarf abgerufen werden. Hilfreich werden dann bestimmt die aufgezeichneten Mentoriate auf Youtube – zumal ich im laufenden Semester durch andere Verpflichtungen ein paar verpasst habe.

Die Rückmeldung fürs Sommersemester habe ich – inklusive der Ummeldung auf den anderen Studiengang – schon im Dezember erledigt. So brauche ich mir darüber keine Gedanken mehr machen und muss keine tendenziell unnötigen Dinge auf meine To-Do-Liste schreiben. Rechnungswesen steht dann auf dem Programm und eventuell noch eine Sache mehr. Das hängt aber auch davon ab, wie meine berufliche Auslastung dann aussieht.

In diesem Sinne – auf an den Schreibtisch, die Uni ruft.

Alles neu im neuen Jahr?

Spoiler: Nein.

Da ist es nun, das neue Jahr, und egal welche großen Pläne man schmiedet, so fühlen sich die ersten Tage trotzdem genauso gewöhnlich an wie alle anderen Tage des Jahres auch. Vielleicht mit dem Unterschied, dass man ein bisschen beschwingter/motivierter/hoffnungsvoller ist als sonst.

Natürlich habe ich mir auch für dieses Jahr ein paar Vorsätze gefasst. Dieselben, die schon 2022 nicht so umsetzen konnte, wie ich es mir vorgenommen hatte. Wahrscheinlich denkt ihr jetzt „wieso lässt sie es dann nicht bleiben?“ und das kann ich nachvollziehen, aber ist es nicht auch so, dass man nichts erreichen kann, wenn man sich mit einer „das schaffe ich eh nicht“-Einstellung zurücklehnt?
Okay, das mit dem Abnehmen hat im letzten Jahr nicht so richtig geklappt – aber immerhin habe ich nicht zugenommen.
Okay, das mit der immer aufgeräumten Küche lief auch nicht besonders – aber seit November bin ich auf einem richtig guten Weg (ihr seht, es dauert manchmal ein wenig mit der Umsetzung).
Gesunde Ernährung und regelmäßiger Sport? Reden wir nicht drüber. Aber hey, ich komme psychisch ganz gut durch diesen Winter nachdem im den letzten in einer grauen Nebelsuppe verbracht und gefühlt jede freie Minute geschlafen habe.

Das heißt aber nicht, dass das letzte Jahr schlecht war. Im Gegenteil. Ich habe so viel erlebt wie noch nie in einem Jahr. Drei Urlaube, sieben Konzerte, ein Festival, ein neuer Job. Dazu die Entscheidung, das Studienfach zu wechseln.
Ich frage mich nicht mehr bei jeder Whatsapp-Nachricht ob Big mittlerweile von mir genervt ist. Zugegeben, die Tatsache, dass ich beruflich die Genehmigung habe, ihn zu nerven und er gesagt hat, dass er privat froh darüber ist, dass ich diejenige bin, die unsere Freundschaft am Laufen hält, macht es leichter.
Ich frage mich nicht mehr „was denken die anderen“ wenn ich irgendetwas tue oder lasse. Ich muss mein Leben nicht an dem ausrichten, was allgemein anerkannter Standard ist. Ich muss MEIN Leben leben. Es so gestalten, dass ich damit glücklich und zufrieden bin. Nur blöd, dass man die wichtigen Dinge des Lebens oft erst so spät lernt.

2023

Wie gesagt, die Vorsätze sind dieselben. Abnehmen, gesünder ernähren, regelmäßig Sport, weniger Chaos. Aber nicht mit diesem „ich MUSS“ sondern eher „ich möchte“ und wenn es einen Tag nicht so läuft… dann mache ich es am nächsten Tag besser. Stück für Stück dem Ziel ein bisschen näher kommen. Heute ist Tag 4 des neuen Jahres und es beginnt semi-gut aber vielversprechend.

Meine Pläne für Januar:
1. täglich Yoga
2. täglich etwas entrümpeln (kleine Schritte!)
3. ausreichend Schlaf (22:00 – 6.30)
4. Wochenplan fürs Essen

Wie sieht euer Fazit für 2022 aus und was für Pläne habt ihr für 2023?

Fernuni update 1 – Fachwechsel

Mein Start ins neue Semester, zwar noch im PVS Studiengang eingeschrieben aber mit zwei Modulen aus dem Fachbereich WiWi, lief gut. Wobei „gut“ es eigentlich nicht so richtig trifft. Ein Blick auf den riesigen Stapel an Skripten und in meinen bunten Lernplan sorgte etwa 4 Wochen lang für aufkeimende Zweifel.
Das ist schon echt ein riesiger Haufen. Habe ich genug Selbstdisziplin um meinen selbst erarbeiteten Lernplan durchzuziehen? Bin ich schlau genug um die Inhalte zu kapieren? Wird es am Ende an Mathe scheitern?
Die Frage nach der Selbstdisziplin würde ich immer und überall mit einem überzeugten JEIN beantworten. Ich weiß, dass ich kann wenn ich muss – aber wie sorge ich dafür, dass es tatsächlich ein MUSS gibt?

Konsequent habe ich jeden aufkommenden Zweifel beiseite geschoben und mich erstmal darauf konzentriert, dass es ja wohl mehr als bescheuert wäre, schon übers Aufgeben nachzudenken, wenn das Semester noch nichtmal angefangen hat (da die meisten Unterlagen schon knapp 3 Wochen vor dem offiziellen Semesterbeginn auf meinem Tisch lagen). Mal abgesehen hat „Wirtschaft“ für mich einfach so verdammt viel mit logischem Denken zu tun, dass sich da schon ein Teil der Schwierigkeiten, die ich mit Politik habe/hatte, gar nicht erst ergeben. Außerdem habe ich mir dieses Fach ausgesucht, weil ich richtig Lust drauf habe und das ist schließlich die beste Motivation überhaupt.

Jeden Tag werden nun zuerst die alltäglichen To dos abgearbeitet (Hund, Frühstück, Haushalt) bevor es an den Schreibtisch geht. Manchmal liest es sich locker weg, manchmal verzweifle ich an merkwürdigen Grafiken weil sich mir die Logik nicht erschließt. Zumindest nicht sofort. Und manchmal ist es auch einfach blöd formuliert. Aber auch wenn es anstrengend ist, es macht mir Spaß. Es erinnert mich ein bisschen an meine Schulzeit. Ich bin immer gerne zur Schule gegangen, ich mag es Neues zu lernen und vermutlich würde ich heute noch zur Schule gehen wenn das möglich wäre. Wahrscheinlich studiere ich auch deshalb, weil es eine Möglichkeit ist weiterzulernen und sich dabei an einem Rahmen zu orientieren um nicht wahllos Wissen in sich hineinzustopfen bzw. nicht zu wissen wo man anfangen und wo man aufhören soll.


Um mit dieser geballten Ladung Lernstoff nicht ganz alleine dazustehen, werden diverse Mentoriate angeboten. Momentan noch alle online und in der Regel abends und am Wochenende. Ich finde ab 17/18 Uhr eher suboptimal und will eigentlich auch nicht jedes Wochenende vor dem Bildschirm hängen, aber im Moment nehme ich alles mit was geht. Denn selbst wenn ich mir sicher bin, es verstanden zu haben, so schadet es ja nicht, es zu wiederholen oder es genauer oder von einer anderen Seite zu betrachten.
Was dabei auch nicht zu unterschätzen ist, ist das Gefühl, dass man unter „Leidensgenossen“ ist. Dass es reale Menschen gibt, die sich durch dieselben Texte kämpfen. Klar, im Grunde weiß man das, man kann sich schließlich ansehen, wie viele sich für das Modul eingeschrieben haben. Aber wie viele davon beschäftigen sich gerade wirklich damit? Wie viele lassen es doch noch liegen, weil die Zeit und die Lebensumstände es gerade nicht zulassen, sich damit zu beschäftigen? Eben. Die, die in den Mentoriaten sitzen, die wollen – zumindest jetzt – genauso wie ich.

Ein paar Mentoriate habe ich schon besucht.
Mathe-Brückenkurs: Hier habe ich bislang zwei Mentorinnen getestet, allerdings war die erste Kurseinheit auch nicht sonderlich kompliziert, so dass es mir schwer fällt, eine von beiden als besser/schlechter zu bewerten.
Mathe: Auch hier habe ich zwei Mentoriate besucht, die allerdings auf total unterschiedliche Art und Weise gestaltet wurden. Während der eine Tutor seinen Fokus darauf legt, dass wir grundlegend verstehen, was wir da tun, arbeitete die andere Mentorin eher Freestyle mit vielen Beispielen. Welches mir lieber ist? Ich mag beide Herangehensweisen und beide bringen mich weiter. Ich werde also vermutlich auch die restlichen Mentoriate beider Tutoren besuchen wenn es zeitlich machbar ist.
VWL/BWL: In diesen Fächern habe ich zwei Vormittage beim selben Tutor durchgepowert. 6 Stunden Mentoriat ist schon eine echte Hausnummer, bringt aber insofern was, als das man sich da länger mit der Materie beschäftigt. Ich bin noch auf der Suche nach einem Vergleich.

Das waren meine ersten Wochen als WiWi-Fernstudentin. Vollgestopft mit Lernstunden am Schreibtisch, online-Mentoriaten und Mathe-Träumen, aber immer mit dem guten Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein.

Afterglow…

… oder Abschied von meiner Lieblingsband Sunrise Avenue (Teil 3)

Düsseldorf, PSD Bank Dome, 18. September 2022

This is the end, denke ich als ich von meinem Platz im Oberrang auf die Bühne schaue und horche in mich hinein. Ich weiß nicht so recht, wie ich mich fühlen soll und in mir ist es seltsam leer. Ich freue mich auf dieses Konzert, genauso wie ich mich auf jedes einzelne vorher gefreut habe, und gleichzeitig ist da die Frage nach dem „danach“. Es ist immer noch nicht ganz bei mir angekommen, dass es Sunrise Avenue morgen nicht mehr geben wird und ich nach 16 Jahren Abschied nehmen muss. Wo ist die Zeit hin?

Die Vorgruppe Cyan Kicks liefern ihre gewohnt gute Show, aber ich bin im Kopf schon einen Schritt weiter. Das Licht geht wieder an, die letzte halbe Stunde vor dem Konzert. Dann geht es los. Ich würde gerne aufstehen, aber… Das Publikum ist etwas etepetete. Alle sitzen brav auf ihren Plätzen und wer aus der Reihe tanzt wird blöd angemacht. Finde ich total unverständlich. Ich meine, Leute, das hier ist das ALLERLETZTE KONZERT dieser tollen Band und das sollten wir genießen.
Zum Glück sitze ich in der ersten Reihe im Oberrang und vor mir befindet sich eine äußert gut geputzte Glasscheibe – da ist die Sicht wenigstens gut.

Es beginnt mit „Thank you for everything“. Ich denke, es ist das letzte Mal und ich genieße es so gut ich kann.
„Choose to be me“ folgt. Jeder muss seinen Weg machen und tun, was für einen selbst richtig ist, auch wenn es nicht immer leicht ist.
„Unholy Ground“ – keine Ahnung wann zwischen Leipzig und Frankfurt das Lied auf die Setlist gehüpft ist, aber ja.
„Funkytown“ gehörte irgendwie nie zu meinen Lieblingsliedern, aber live ist es schon irgendwie geil. Vor allem heute, weil Tommy Lindgren den Rappart heute live on stage macht.
„Heartbreak Century“
„Beautiful“
„Afterglow“, ich kann nichts dagegen tun, die Tränen fangen bei diesem Lied an zu laufen. Jedes Mal wieder. Kein Wunder, das Lied handelt vom Verlassenwerden und von der Hoffnung, dass es nicht endgültig sein wird. Ich fühle das total. Besonders jetzt.
„Forever Yours“, mein all time favorite. Das Lied, mit dem Sunrise Avenue mein Herz endgültig erobert haben. Für die Tour in einer rockigen Version und einem ruhigen Abschluss, bei dem ein Publikumschor aus vielen tausend Stimmen die letzten Worte „Forever Yours“ singt und es zumindest in diesem Moment genauso meint.

„You have no idea, what you have done for us. And I am nobody to give any advice to anybody but I will say this: If you have a dream, no matter how big or small, no matter what it is, nobody… nobody has the right to come and tell you it’s not good. Because it’s your dream, it’s your call and it’s your life. Thank you so much“

Samu Haber, PSD Bank Dome, Düsseldorf,

„I can break your heart“
„Lifesaver“

Bei „Home“ wird es ruhig in der Arena und tausende Lichter gehen an. Dank einer Fanaktion gibt es für jeden Block Transparentpapierschnipsel um aus dem Lichtermeer einen großen Regenbogen zu machen. Nicht erst bei diesem Song stehen Samu seine Gefühle deutlich ins Gesicht geschrieben. Er ist zweifelsfrei da, wo er in diesem Moment sein möchte und auch für ihn wird das ein schwerer Abschied.
„Hurtsville“ der Ort, an den ich mich verkriechen werde, wenn die Tour vorbei ist. There’s only room for me in Hurtsville
„I help you hate me“ – schön wär’s. Das Lied handelt von einer Trennung und davon, dass derjenige, der geht alles daran setzt dafür zu sorgen, dass dem anderen die Trennung erträglicher gemacht wird. To help you let go, I wear the t-shirt you hate, let my hair grow, not in a good kind of way. I stay at home make sure you never see me smile again. Well, mir ist Samu mit kurzen Haaren zwar lieber, aber es kommt auf den Inhalt an und nicht auf die Verpackung…
„A little bit love“
„Never let go“

„Welcome to my life“... you see it is not easy, but I’m doing allright… hey little fighter, soon it will be brighter, we’re over the „Stormy End“ Verdammt, ich brauch ein Taschentuch
„Question Marks“
„Point of no return“ We can’t look behind now, please don’t cry now, let’s creat a thunder… Hier hüpft das ganze Publikum – zumindest der Golden Circle und ein paar andere im Innenraum. Der Rest, well, Düsseldorf halt. Da hüpft der Oberrang nicht. (In Köln schon) Aber immerhin stehen wir jetzt auch endlich mal.
„Nothing is over“ Neben mir werden Taschentücher gezückt, ich nehme den Ärmel des Pullis. Mal wieder. That’s it. Natürlich weiß ich, dass gleich noch ne Zugabe kommt, aber das Ende rückt unaufhaltsam näher und die Taschenlampen gehen nochmal an.

Mit Osmos Keyboard Solo wird die Zugabe eingeläutet. Er rennt nicht so vorfreudig den Bühnenausläufer rauf und runter wie die letzten Male bevor er sich hinter seine Keyboards stellt. Nach den ersten Tönen wischt er sich über die Augen. Heult er? Noch ein paar Töne bevor er sich beide Hände vors Gesicht hält und aussieht als würde er in die Knie gehen wollen. Er heult. Definitiv. Und vom Publikum kommt ein mitfühlendes „oooohh“ – als würden ihn alle in diesem Moment in den Arm nehmen und trösten wollen. Ich will es auf jeden Fall. Einen kurzen Moment, dann fängt er sich und zieht sein Solo durch.
„Fairytale gone bad“, der erste Hit und jetzt zappelt sogar der Oberrang.
„Wonderland“ und „Hollywood Hills“ singen wir lauthals mit, so können wir zumindest die nächsten Minuten verhindern, dass wir wieder heulen, aber als die letzten Töne verklungen sind, geht es los. Ich heule. Links neben mir wird geheult, hinter mir wird geheult. Auf der Bühne wird geheult. Samu, Osmo und auch die anderen haben zumindest Tränen in den Augen. Gruppenumarmung. Verbeugung. Die Jungs schlendern am Publikum entlang, schleudern Pleks und ihre Handtücher in die Menge. Samu winkt sich einen Sicherheitsmenschen heran und deutet ins Publikum. Schon wird ein Mädel über die Absperrung und auf die Bühne gehoben – im nächsten Moment schenkt Samu ihr seine Gitarre. Auch diese Geste entlockt dem Publikum ein kollektives „ooohhh“. Es gibt einfach zu viele Gründe, diese Band zu lieben. Ich bin immer noch nicht bereit zum Abschied nehmen, aber als alle die Bühne verlassen haben, verlasse ich die Halle…

„Partir, c’este mourir un peu“ – Abschied nehmen bedeutet immer ein wenig sterben.

Jetzt sitze ich hier, an meinem Schreibtisch und bei der Erinnerung an all die schönen Momente mit der Band, fließen schon wieder die Tränen.

I’m living on the afterglow...